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Ausstellung "140 Jahre Sängerbund"

Ein Streifzug durch die Ortsgeschichte Mithilfe bei Identifizierung von Sängern gesucht/Fahnenschleifen der "Ehrenjungfrauen"

Waghäusel-Wiesental (ber). Obwohl er seit 1862 besteht und im Laufe dieser langen Zeit immer wieder mit vielfältigen Aktivitäten in Erscheinung getreten ist, hat der älteste Wiesentaler Kulturträger zum ersten Mal eine große Ausstellung arrangiert. Zum Anlass habe der Verein sein 140-jähriges Jubiläum genommen, betonte Vorsitzender Karl-Heinz Käpplein bei der offiziellen Eröffnung in den Räumen der Sparkasse. "Was Generationen geschaffen und weiterentwickelt haben, soll der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden." Die zahlreichen Exponate, darunter gerahmte Bilder, Fotos, Dokumente, alte und neue Pokale, Fahnenschleifen, teils gestiftet von den "Ehrenjungfrauen", und die Vereinsflagge, können bis zum Monatsende während der Öffnungszeiten besichtigt werden. Beeindruckt davon, was an Historischem und Aktuellem zusammengetragen werden konnte, zeigten sich Bürgermeister Walter Heiler und Stadtarchivarin Katja Hoffmann. Anerkennung zollten auch die Vorsitzenden des Heimatvereins und des Männergesangvereins, Gilbert Roth und Leonhard Amann. Übersichtlich gestaltet, angeordnet und dekoriert kommt die etwa 50-teilige Auswahl an den Stellwänden und in den Vitrinen, die nachvollziehbar die erfolgreiche Geschichte des Gesangvereins von der Gründung bis zum heutigen Tag widerspiegelt, zur Geltung.
Die Besucher können sich mit allen Zeitabschnitten vertraut machen. Zu sehen ist ein Originalfoto von Friedrich Thoma, der gleich nach seinem Dienstantritt als Lehrer, Mesner und Organist zusammen mit 14 jungen Männern den Verein aus der Taufe hob. Der gebürtige Königheimer hatte nach der Badischen Revolution 1848/49 wegen seines Eintretens für



Demokratie, Freiheit und Menschenrechte Jahren unterrichtete, den ein Disziplinarverfahren am Hals. 1888 legte der legendäre Pädagoge, der die Wiesentaler Kinder bis ins hohe Alter von 74 Dirigentenstab nieder. In die Reihe der bekannten Chorleiter gehören Gustav Gassenmann, Rudolf Moritz und Eduard Bruker, von denen Porträts aushängen.
Die Ausstellung ist zugleich ein Streifzug durch die Wiesentaler Ortsgeschichte. Insbesondere in der Zeit um die Jahrhundertwende hatte der Verein einen maßgeblichen Einfluss auf die Kommunalpolitik und hierbei vor allem auf die Wahl der jeweiligen Bürgermeister. Die Ortsoberhäupter Johann Erbe, Eduard Stöckel, Vinzenz Maier, Karl Stöckel, Martin Roth und Franz Roth waren allesamt Mitglieder des "Sängerbundes", teil sogar aktive Sänger. 1909 allerdings kam es zu einer Abspaltung, als sich "Pfarrerpartei" und "Bürgermeisterpartei" wegen der Frage nach einer neuen Kirchenorgel in den Haaren lagen.
Zwei Großaufnahmen werden mit einem Hinweisschild ausdrücklich der Aufmerksamkeit empfohlen: Das älteste Bild, das im Besitz des "Sängerbundes" ist, zeigt den Chor mit Begleitung bei der ersten Fahnenweihe 1894. Eine weitere Fotografie stammt aus dem Jahre 1912, als das 60-jährige Bestehen gefeiert wurde. Die meisten abgelichteten Sänger sind leider unbekannt, da ein Namensverzeichnis nicht existiert. Deshalb hat der "Sängerbund" die Bevölkerung um Mithilfe bei der Identifizierung der einzelnen Aktiven von 1894 und 1912 aufgerufen. Vielleicht erkennt jemand, so die Absicht, einen seiner Vorfahren oder Verwandten. Die Unterstützung will der Veranstalter mit der Verlosung von Preisen honorieren.

(Schmidhuber)