Rüstigkeit erfreuen durfte", sollte das 40-jährige Jubiläum persönlich mitfeiern.
"Am 21. April 1902 ereilte ihn plötzlich infolge eines Schlaganfalles der Tod", ist
über den Vereinsgründer weiter zu erfahren. Mehr jedoch nicht.
Doch woher kam der Mann, der den ersten kulturellen Verein in der Gemeinde etablierte?
Von dem wohl die Initiative ausging, in dem 2000-Seelen-Dorf Wiesental einen Gesangverein,
wie beispielsweise in Bruchsal, Mingolsheim, Kronau und Philippsburg bereits geschehen,
ins Leben zu rufen. Der 14 Männer im Alter von 16 bis 34 Jahren um sich scharte und aus
dieser bunt zusammengewürfelten Truppe, bestehend aus Landwirten, Handwerkern, einem
Bahnwart, einem Totengräber und einem angehenden Ratschreiber, einen aufwärts strebenden,
erfolgreichen Chor formierte.
Friedrich Thoma, am 3. Mai 1821 geboren, stammte aus Königheim bei Tauberbischofsheim.
Bereits im Alter von 19 Jahren war er Hilfslehrer in Siegelsbach, dann Hauptlehrer in
Schillingstadt, Dienstadt und Großsachsen. Zum 1. Mai 1862 trat Thoma aufgrund der
angeordneten "Übertragung des katholischen Schul-, Mesner- und Organistendienstes"
seine neue Dienststelle in Wiesental an und zog in die Lehrerwohnung unter das Rathausdach.
Mit 22 Jahren hatte er die 21-jährige Susanne Büttner geheiratet. Aus der Ehe gingen
drei Kinder hervor: Emilia, (geboren 1844), Ida (1846) und Maximilian (1855).
Erst 1895 - im Alter von fast 74 Jahren - wurde Thoma in den Ruhestand versetzt.
1862 war jedoch ein Lehrer mit "Vergangenheit" in die kleine badische Gemeinde
abgeordnet worden. Denn 1853 wusste der "Großherzogliche Katholische Ober-Kirchenrath"
zu berichten: "Diesem Lehrer wurde im Jahr 1849 ein Verweis erteilt, weil er der
revolutionären Bewegung nicht fremd geblieben ist; im Jahre 1850 erhielt derselbe
wegen ganz ungenügender Leistungen einen weiteren Verweis."
Und in der Personalakte steht weiter: "Zur Zeit der Bewerbung um die Schulstelle
Schriesheim war derselbe wegen Störung der öffentlichen Ordnung in eine Untersuchung
verwickelt."
In der Tat, denn 1849 - mitten in den Turbulenzen der Badischen Revolution - war der
junge aufmüpfige Anhänger der Freiheitsbewegung beschuldigt worden, im Wirtshaus
geäußert zu haben: Wenn er einem Offizier begegnen würde, der mit dem Großherzog
gezogen sei, so würde er ihn prompt erschießen.
Diese pro-revolutionäre Haltung ist durchaus nachvollziehbar. Thoma kam aus dem
Main-Tauber-Gebiet, in dem schon früh erste demokratische Volksvereine entstanden
waren. Bekannt sind die Gemeinden Wertheim, Tauberbischofsheim und Mergentheim,
wo die Ideen der Freiheitsbewegung großen Anklang fanden. Als Lehrer befasste er
sich sicherlich mit den Forderungen nach Demokratisierung im Land.
Thoma stritt bei der Untersuchung des Vorfalls ab, dies im Wirtshaus so gesagt zu
haben. Nochmals fiel Thoma - diesmal 1888 in Wiesental - seinen Vorgesetzten
unangenehm auf. Der Beamte musste sich dem Vorwurf stellen, "ohne dienstpolizeiliche
Erlaubnis Unterricht an der Haushaltungsschule des Pfarrers erteilt zu haben". Thoma
argumentierte, dass es sich "versuchsweise" um "eine Probe mit einigen Schülerinnen"
handelte, "ob sie Anlagen zum Violinspielen haben".
Obwohl das Verfahren eingestellt wurde, hatte der 67-jährige vermutlich die Schnauze
voll und beendete sein ehrenamtliches Engagement - auch im "Sängerbund" mit der
Übergabe des Dirigentenstabes an seinen 34-jährigen Lehrerkollegen
Emil Fritz aus
Bermersbach.
Doch Ende gut, alles gut: 1891 erhielt der als Revolutionsfreund, Störer öffentlicher
Ordnung und Schwarzarbeiter beschuldigte Pädagoge eine hohe Ehrung durch die Obrigkeit:
die Goldene Verdienstmedaille.
(Schmidhuber)
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